Film „Leise gegen den Strom“ um 19.00 Uhr

04.12.2009: Ein Dokumentarfilm über die Wegbereiter der deutsch-polnischen Versöhnung im Roncalli-Haus.

Der Dokumentarfilm, den die Anna-Morawska-Gesellschaft am 4. Dezember 2009 in Magdeburg (19 Uhr im Roncalli-Haus, Max-Josef-Metzger-Str. 12/13) zusammen mit den Filmautoren Thomas Kycia und Robert Zurek präsentieren wird, erinnert an frühe Wegbereiter der deutsch-polnischen Versöhnung. Er befasst sich mit der Sühne- und Pilgerfahrt nach Auschwitz, die Günter Särchen und Lothar Kreyssig im Sommer 1965 von Magdeburg aus organisierten. Etwa 20 junge Leute haben sich damals mit dem Fahrrad auf den Weg durch Polen gemacht. Den Versuch zu einer solchen Pilgerfahrt hatte es schon im Jahre 1964 gegeben, aber damals hatten die DDR-Staatsorgane noch die Ausreise nach Polen zu verhindern gewusst. Im nächsten Jahr konnten die Teilnehmer der Fahrt die Staatsorgane dann aber dadurch überlisten, dass sie sich Einzeleinladungen besorgten, die Grenze nach Polen einzeln überquerten und sich erst auf der polnischen Seite als Gruppe zusammen schlossen.

Im vorigen Jahr haben drei der damaligen Teilnehmer – Rudi Förster aus Magdeburg, Konrad Weiß aus Berlin und Werner Ross aus Rheinfelden – die damalige Wegstrecke durch Polen noch einmal mit dem Fahrrad zurückgelegt. Die Filmautoren Thomas Kycia und Robert Zurek haben sie dabei mit der Kamera begleitet.

Rudi Förster, Werner Ross und Konrad Weiß erinnern sich noch gut, wie kompliziert die ersten Begegnungen mit der polnischen Bevölkerung im Jahre 1965 waren. Damals war das Verhältnis zwischen Deutschen und Polen noch frostig. 20 Jahre nach dem Krieg bestimmten Traumata, Ressentiments und Misstrauen die gegenseitige Wahrnehmung und kaum jemand versuchte, diese Kluft zu überbrücken. Umso mehr waren viele Polen überrascht von der ausgestreckten Hand der Deutschen und viele begannen, ihr Verhältnis gegenüber Deutschland zu überdenken.

Rückblickend kann man sagen, dass die Teilnehmer dieser Fahrt zu den ersten Wegbereitern der deutsch-polnischen Aussöhnung gehörten. Der frühere polnische Ministerpräsident Mazowiecki sagt heute: „Das waren Pioniere der deutsch-polnischen Verständigung. Das waren Menschen, die den Weg geebnet haben. Ich würde es vergleichen mit dem Steinewerfen aufs Wasser. Wenn man den Stein wirft, entstehen immer größere Wellen. Und diese Menschen waren in Polen der Stein, der immer größere Wellen erzeugte.“ Der Auschwitz-Überlebende Wladyslaw Bartoszewski, der kürzlich den Kaiser-Otto-Preis der Stadt Magdeburg erhalten hat, nennt die frühen Teilnehmer der Sühnezeichen-Fahrten nach Polen die „ersten Schwalben“ und betont: „Ohne sie hätte ich vor mehr als vierzig Jahren mein Deutschlandbild nicht verändern können.“

Im Anschluss an die Filmpräsentation in Magdeburg findet ein Podiumsgespräch zum Thema „Versöhnung von unten“ statt mit Rudi Förster (Teilnehmer der Fahrt 1965), Thomas Kycia (Journalist und Filmemacher), Dr. Theo Mechtenberg (Publizist und Übersetzer, Vorsitzender des Gesamteuropäischen Bildungswerks e. V), Gabriele Weiß (Teilnehmerin einer Pilgerfahrt junger Frauen nach Majdanek 1965). Die Diskussion wird moderiert von Dr. Burkhard Olschowsky (Europäisches Netzwerk Erinnerung und Solidarität, Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa).

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